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  2. Anwendungsbeispiel: Schonendes Sieben im Multitasking-Modus

27.07.2015

Schonendes Sieben im Multitasking-Modus

Wenn die Anforderungen an das einzusetzende Kunststoffprodukt besonders hoch sind, sind thermoplastische Kunststoffe wie Polycarbonat (PC) nicht weit. Polycarbonat wird in der Regel nur dort eingesetzt, wo andere Kunststoffe zu weich, zu zerbrechlich, zu kratzempfindlich oder zu wenig formstabil sind. Es wird in Primärform als Pellets oder als Granulat an die kunststoffverarbeitende Industrie geliefert, welche es zu Endprodukten weiterverarbeitet. Um deren hohe Qualität gewährleisten zu können, ist der Rohstoff in lupenreiner Beschaffenheit herzustellen. Hierbei stellen dessen Eigenschaften höchste Anforderungen an die eingesetzte Siebtechnik, was den Einsatz spezieller Maschinen-Lösungen erfordert.

Polycarbonat kommt als Werkstoff für CDs, DVDs, Trinkwasserbehälter oder auch als Glasalternative beispielsweise für Brillengläser oder Dachkonstruktionen für Stadien, Bahnhöfe oder Wintergärten zum Einsatz. Im Vergleich zum spröden Glas ist Polycarbonat leichter und deutlich schlagfester. Außerdem besteht bei moderaten Aufprallenergien bzw. Geschwindigkeiten keine Gefahr durch Splitterbildung, was PC-Scheiben insbesondere für Anwendungen im industriellen Bereich prädestiniert. Neben ihrer hohen Bruchfestigkeit sind sie für einen großen Temperaturbereich nutzbar und besitzen eine lange Lebensdauer, so dass sie als sichere Lösung für Schutzverscheibungen und Maschinenabdeckungen breite Verwendung finden.

Bevor Polycarbonat zu Endprodukten verarbeitet werden kann, muss es höchsten Qualitätsansprüchen genügen und in „lupenreiner“ Form vorliegen. Hierfür werden im Zuge des Herstellungsprozesses mit einem speziellen Siebverfahren anhaftende Staubpartikel, Agglomerate und Überlängen ausgesiebt, um die gewünschte Korngröße bzw. Qualität des Produkts zu erzielen. Die Eigenschaften von Kunststoffen in Primärform erschweren jedoch die Siebaufgabe und stellen höchste Ansprüche an den Maschineneinsatz. Ein aktuelles Anwendungsbeispiel des Siebmaschinenherstellers J. Engelsmann AG belegte die Komplexität, als ein führender Hersteller von Polycarbonat bei der Errichtung einer neuen Fertigungsstraße an einem seiner Produktionsstandorte in China eine leistungsstarke Maschinenlösung suchte.

Die Anforderungen des Auftraggebers an die zu liefernde Siebmaschine waren vielfältig und anspruchsvoll zugleich. Eine trennscharfe Überlängenabsiebung (Stränglinge, Doubles und Triples) mit einem Aussiebegrad von über 98,5 % soll dafür Sorge tragen, dass das granulatförmige Produkt aufgrund der hohen Qualitätsansprüche keinerlei Verunreinigungen jeglicher Art enthält, da nur eine reine Granulatstruktur ohne Überlängen, Fasern oder anhaftenden Staub zur Weiterverarbeitung verwendet werden kann. Eine weitere Herausforderung stellte die Anpassung der Siebmaschine an den vorgelagerten Produktionsprozess dar. Ein vorgeschalteter Stranggranulator, der die im Extruder geformten Kunststoffstränge durch Zerteilen in kleine granulatförmige Teilchen zerkleinert, sorgte für beengte Platzverhältnisse am Aufstellort, so dass bei der Konstruktion der Maschine die individuellen Gegebenheiten entsprechend eingeplant werden mussten.

Trocknung während des Siebvorgangs optimiert Siebfähigkeit des Produkts

Dank der umfangreichen Erfahrungen mit komplexen Siebaufgaben wusste man bei Engelsmann um die Problematik beim Sieben von granulatförmigem PC. Nach eingehenden Tests mit dem Original-produkt waren sich die Engelsmann-Konstrukteure sicher, dass mit dem Einsatz der Langhubsieb-maschine der Typenreihe Freischwinger die vorhandenen Anforderungen des Auftraggebers erfüllt werden können. Das freischwingende Siebmodell wurde von Engelsmann speziell für das Sieben von trockenen und rieselfähigen Schüttgütern konzipiert. Wegen seiner hohen Durchsatzleistung von bis zu 250 t/h und dem besonders produktschonenden Siebvorgang mit einer trennscharfen Separation von bis zu 99% wird das Freischwinger-Modell in allen Bereichen der Chemie-, Pharma-, Kunststoff- und Lebensmittelindustrie eingesetzt.

Um dem Kundenanspruch in Bezug auf Siebqualität und Leistungskapazität gerecht zu werden, wurde das Freischwingermodell für seinen Einsatz im fernen China in Doppeldeckerausführung konzipiert, wobei das aus dem Stranggranulator zugeführte Polycarbonatgranulat über zwei übereinanderange-ordnete Siebdecks von fein nach grob gesiebt wird. Über einen Produktrücklaufboden wird das Granulat auf die untere Siebebene zugeführt und erneut abgesiebt, so dass das untere Siebdeck als Kontrollsiebung fungiert, um den notwendigen Aussiebegrad sicherzustellen. Abgestimmt auf die geforderte Durchsatzleistung von 20 t/h sowie der gewünschten Granulatspezifikation (2,5 x 3,0 mm) ist das obere Siebdeck mit sechs Siebeinlegern aus Lochblech mit Durchmesser von 4,5 mm je Loch und das untere Siebdeck mit sechs Siebeinlegern und Lochdurchmesser von 6 mm ausgestattet, so dass die Freischwingersiebmaschine über eine Netto-Siebfläche von 10,5 qm verfügt. Um eine optimale Siebfähigkeit des durch den Stranggranulator oberflächenbefeuchteten Produkts zu erreichen, wird das Granulat während des Siebprozesses kontinuierlich getrocknet und gleichzeitig gekühlt. Hierfür wurden neben den sechs Lochblecheinlegern noch zwei Einleger verbaut, die über einem oberhalb des Siebtrogs montierten Lufteinlassstutzen während des Siebvorgangs für eine ständige Luftzirkulation sorgen, welche das Produkt trocknet und gleichzeitig von 60°C auf 40°C abkühlt. Die Luftzirkulation hat zudem den Effekt, dass im Gegenluftstrom eine Entstaubung des Produkts erfolgt, indem produktanhaftende Staubpartikel in eine nachgelagerte Filteranlage mitgerissen werden. Das durch den begleitenden Trocknungsprozess entstehende Kondensat wird mit dem Luftstrom über einen Abzugstrichter am Deckel der Maschine permanent abgeführt.

Um einen produktschonenden Siebvorgang sicherzustellen, ist die Langhubsiebmaschine inklusive aller produktberührenden Teile, außer der Antriebseinheit, aus hochwertigem Edelstahl (V4A 1.4571) gefertigt. Zudem wurde im Innenraum des Siebtrogs auf die Verwendung von Dichtungen und den Einsatz anderer Metalle verzichtet, sowie das installierte Siebabreinigungssystem mit Silikonkugeln bestückt, um eine Verunreinigung des Granulatprodukts durch Materialabrieb zu vermeiden. Zur optischen Überwachung des Siebvorgangs ist die Maschine mit großzügigen Makrolon-Scheiben im Deckel sowie seitlich in Höhe des unteren Siebdecks ausgestattet. Dank der bruchfesten Schutz-scheiben läßt sich die Granulatverteilung bzw. der Produktverlauf innerhalb der Siebmaschine verfolgen.

Nach dem Siebvorgang fällt die Gutware, welche in Durchmesser und Länge zwischen max. 2,5 und 3,0 mm betragen darf, über den Feingutauslauf aus der Maschine und wird dem nachgelagerten Abfüllprozess zugeführt. Das für eine weitere Verarbeitung nicht verwendbare Grobgut verlässt über den hierfür vorgesehenen Grobgutauslauf die Maschine. Die Ein- und Auslaufstutzen wurden entsprechend den örtlichen Gegebenheiten angeordnet, was dazu führte, dass sich der Einlauf zur Produktzuführung endlagerseitig und nicht wie beim Standardmodell antriebsseitig befindet. Form, Kontur und Neigungswinkel des Einlaufstutzens wurden zudem an den Auslaufstutzen des Stranggranulators angepasst.

Wirtschaftlicher Maschineneinsatz durch Baukastenprinzip und Schwungantrieb

Um Stillstandszeiten zu minimieren und somit die hohe Maschinenverfügbarkeit im Dreischichtbetrieb an 360 Tagen (zusätzlich fünf Arbeitstage für Wartung und eventuelle Reparaturen) im Jahr zu erreichen, muss die Maschine mit geringem Zeitaufwand reinigbar sein. Dank der modularen Bauweise der freischwingenden Langhubsiebmaschine und einer vorhandenen Schnellwechselausführung lassen sich nach dem Entfernen des Deckels mit nur wenigen Handgriffen die genormten, durch Pressleisten arretierten Siebeinleger schnell und einfach wechseln. Der freie Zugang zu den Siebeinlegern und deren einfache Demontage ermöglichen in kurzer Zeit eine rückstandslose Reinigung des Produkt-raums innerhalb der Maschine. Zudem können Teile im Innenraum leicht erreicht und ausgetauscht werden. Die Schnellspanner verschliessen den Siebtrog staubdicht mit den Deckelteilen und verhindern das Austreten von Staubpartikeln während des Siebvorgangs.

Für einen energiesparenden Betrieb ist die sonderausgeführte Freischwinger mit einem speziell entwickelten Schwungantrieb ausgestattet. Angetrieben über einen Elektromotor, der seine Kraft mittels eines Keilriemens auf eine mit Schubstangen versehende Schwungmasse überträgt, ist diese exakt auf die Masse des Siebtrogs abgestimmt. Dabei wiegt der Antriebsstrang (Welle und Schwungscheibe) in etwa so viel wie der Trog inklusive dem Produkt. Ein Elektromotor treibt die Masse ca. 15 Sekunden mit vollem Nennstrom an und hält sie dann mit lediglich 10-20 Prozent der Nennstromstärke in Schwung. Dabei wird die elektrische Energie in Rotationsenergie umgewandelt, in den Schwungscheiben gespeichert und nach und nach abgegeben. Die Maschine benötigt dank des auf dem Masseausgleich basierenden Antriebs nur wenig Energie (7,5 kW bei 20 t/h Durchsatzleistung). Im Gegensatz zu Siebmaschinen mit ölgeschmiertem Motorgetriebe unterliegt der Schwungantrieb nur geringem Verschleiß, was wiederum einen niedrigen Materialeinsatz und Wartungsaufwand zur Folge hat. Ein weiterer Vorteil des Schwungantriebs ist im Hinblick auf die Maschinengröße und im Vergleich zu gängigen Siebmaschinenfabrikaten der geräuscharme Betrieb mit weniger als 79 dB.

Die nach der authentifizierten Prüfstelle in China (NEPSI) ausgeführte Siebmaschine konnte nach dreimonatiger Entwicklungs- und Fertigungszeit Richtung Fernost verschifft werden, wo sie vor Ort von zwei Engelsmann-Servicetechnikern montiert und in Betrieb genommen wird.